einfache/betonte pronomen

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philippii.
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einfache/betonte pronomen

Post by philippii. »

Ich habe mich jetzt endlich mal ein bisschen mit dem Grammatikteil von
sindarin.de auseinandergesetzt. Da bin ich natürlich auch auf die Pronomen
gestoßen.
Bis jetzt war mir aber nicht bekannt, dass es zwei arten, nähmlich einfache
und betonte Pronomen gibt. Jedoch verstehe ich nicht ganz worin der
Unterschied der Bedeutung und verwendungsart liegt.
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Roman
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Post by Roman »

Wir haben zwei Verwendungen emphatischer Pronomen in Quenya:

- A yonya inye tye-méla 'I too, my son, love thee' als Antwort auf Atarinya tye-meláne 'My father, I love thee'
- Nai elye hiruva [Valimar]! 'Maybe even thou shalt find it!' von Galadriel

In Sindarin haben wir die Moria-Inschrift Im Narvi hain echant 'Narvi himself made them', uminterpretiert als 'I, Narvi made them' mit im 'I, I myself' (PE17:41).

Klar ist: Die emphatischen Pronomen dienen einem Diskurs-Zweck, d.h. sie vermitteln etwas im laufenden Text oder Dialog, und für ihre Interpretation braucht es einen Kontext. Überhaupt ist "emphatisch" ja so ein vage definiertes Auffangwort, was in etwa so viel bedeutet wie: "es erfüllt einen Diskurs-Zweck, der nicht weiter analysiert wird".
Um es aber doch zu analysieren, könnte man sagen, dass die emphatischen Pronomen einen Vergleich oder Kontrast ausdrücken. Je nach Kontext sind Übersetzungen wie "ich auch", "ich selbst" oder "selbst du" möglich, die attestiert sind; in anderen Kontexten vielleicht so etwas wie *"was mich angeht", *"ich dagegen", *"ich für meinen Teil", *"sogar ich", *"ich aber", *"gerade ich", etc.
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mach
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Post by mach »

Bis zu einem gewissen Grad gibt es etwas Ähnliches auch im Deutschen, zwar nicht in der Standardsprache, dafür wohl in den allermeisten Varietäten der Umgangssprache und in den Dialekten. Ein nicht-emphatisches Pronomen liegt etwa vor in einem Satz wie: Was hat se gesagt?, das entsprechende emphatische Pronomen hingegen in einem Satz wie: Was hat sie gesagt?

Die romanischen Sprachen haben oft auch im Standard emphatische Pronomen. So steht etwa im Französichen das emphatische moi neben dem nicht-emphatischen (und präfigierten) je. Im Italienischen oder im Spanischen sind die Nominativpronomen immer emphatisch, denn nicht-emphatische Pronomen werden weggelassen. Was hat se gesagt? wäre etwa Cosa ha detto?, während Was hat sie gesagt? zu übersetzen wäre als: Cosa ha detto lei?

Eine Kuriosität im Berndeutschen ist übrigens, dass es bei den emphatischen Formen der dritten Person neutrum es zwischen Nominativ ääs und Akkusativ ììns unterscheidet, was bei einem indogermanischen Neutrum ziemlich ungewöhnlich ist.
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Roman
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Post by Roman »

Die romanischen Sprachen haben oft auch im Standard emphatische Pronomen. So steht etwa im Französichen das emphatische moi neben dem nicht-emphatischen (und präfigierten) je. Im Italienischen oder im Spanischen sind die Nominativpronomen immer emphatisch, denn nicht-emphatische Pronomen werden weggelassen. Was hat se gesagt? wäre etwa Cosa ha detto?, während Was hat sie gesagt? zu übersetzen wäre als: Cosa ha detto lei?
Französisch passt hier aber eher weniger, da ist die Verwendung von je auf einer grammatikalischen, nicht auf einer Diskurs-Ebene festgelegt - es ist eine obligatorische Vorsilbe, während moi das Pronomen ist, und damit z.B. das Objekt von Präpositionen.
Das lässt sich aber wiederum mit frühem Qenya vergleichen, wo es statt Personenendungen Personenpräfixe gab, z.B. ni-tule 'I come' (PE14:53), was ziemlich genau je viens entsprechen dürfte.
Das emphatische Pronomen wird an das ganze angefügt: ni-tule nímo 'it is I that come'. Interessant ist die Übersetzung mit einem Spaltsatz, was ja auch so ein Werkzeug zur Informationsstrukturierung ist. Vielleicht wäre die treffendste Übersetzung von Im Narvi hain echant also *"Es war Narvi, der sie gefertigt hat."
Eine Kuriosität im Berndeutschen ist übrigens, dass es bei den emphatischen Formen der dritten Person neutrum es zwischen Nominativ ääs und Akkusativ ììns unterscheidet, was bei einem indogermanischen Neutrum ziemlich ungewöhnlich ist.
Steht ì für fallende Intonation? Ich frage mich auch, wo das -s ausgerechnet im Akkusativ herkommt, das kenne ich sonst nur aus dem Akkusativ Plural (mask. & fem.) im Gotischen...
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philippii.
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Post by philippii. »

Wann werden dann aber leichte Pronomen im Sindarin verwendet? Denn
sobald Verben im Spiel sind wird ja eine Endung verwendet. Und im
Grammatikteil wird empfohlen im Zusammenhang mit Adjektiven die
emphatischen Pronomen zu nutzen (zb.: "Ich bin groß"; "im daer"). Damit
verstehe ich den Sinn von leichten Pronomen nicht. Da mir im deutschen
kein weiterer Verwendungszweck von Pronomen bekannt ist (außer zum
Vorstellen.)
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Roman
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Post by Roman »

Wann werden dann aber leichte Pronomen im Sindarin verwendet?
Man braucht sie auf jeden Fall im Akkusativ. Tolkien benutzt auch e aníra statt aníra, d.h. in der 3. Person sind sie möglicherweise optional. Schließlich braucht man sie vermutlich, wie du schon sagst, für verblose Prädikate: *Ni daer "Ich bin groß", *Im daer "Ich bin groß [größer als jemand anderes]", *Ni Aragorn "Ich bin Aragorn", *Im Aragorn "Ich bin Aragorn [und nicht jemand anderes]".
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mach
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Post by mach »

Roman wrote:Französisch passt hier aber eher weniger, da ist die Verwendung von je auf einer grammatikalischen, nicht auf einer Diskurs-Ebene festgelegt - es ist eine obligatorische Vorsilbe, während moi das Pronomen ist, und damit z.B. das Objekt von Präpositionen.
Stimmt. Ich hatte Beispiele im Sinn wie (nicht-emphatisch) je comprends le français im Gegensatz zu (emphatisch) moi, je comprends le français. Dies entspricht relativ gut dem Gegensatz zwischen (nicht-emphatisch) entiendo francés und (emphatisch) yo entiendo francés. Allerdings ist ein derartiger Gebrauch im Französischen weniger flexibel als im Spanischen oder Italienischen. So gibt es wohl eher keine Entsprechung zum emphatischen cosa ha detto lei bzw. qué dijo ella.

Meine implizite Vermutung war, dass die nicht-emphatischen Pronomen in den elbischen Sprachen als obligatorische Partikel grammatikalisiert sind.
Roman wrote:Steht ì für fallende Intonation? Ich frage mich auch, wo das -s ausgerechnet im Akkusativ herkommt, das kenne ich sonst nur aus dem Akkusativ Plural (mask. & fem.) im Gotischen...
Laut dem Deutschen Wörterbuch, Lemma es, gibt es teilweise «genäseltes ins, îns für es». Eine Verbindung zu gotischen Endungen ist allerhöchstgradig unwahrscheinlich, zumal das Gotische – wie bei indogermanischen Sprachen auch zu erwarten – im Neutrum keine eigene Nominativ-Forum aufweist (bzw. dieselben Formen für Nominativ und Akkusativ). Der Gravis steht für offene Aussprache, also für [ɪ]. Berndeutsch unterscheidet /i/, /y/, /u/ von /ɪ/, /ʏ/, /ʊ/ (unabhängig von der Vokallänge). Die Verwendung des Gravis ist eine Konvention, die auf Eugen Dieth zurückgeht.
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